bücher.macherunterwegs in der deutschen verlagslandschaft














Eine Veranstaltung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e. V. / Leipziger Büro in Zusammenarbeit mit der Leipziger
Messe


Schöne neue Bücher-Welt?

"Amerika, du hast es besser."
(Johann Wolfgang Goethe)

"Ich habe den Eindruck, dass deutsche Verleger immer amerikanischer werden."
(Nora Rawlinson, Chefredakteurin Publishers Weekly, Sommer 2000)


Die Diskussionsteilnehmer:

...loadingPeter Olson gehört seit 1988 zum Bertelsmann-Management. Am 1. April 2001 rückt er als erster Nicht-Deutscher in den Vorstand der Bertelsmann AG auf und übernimmt die Verantwortung für die weltweiten Buchverlage, die künftig unter dem Label Random House firmieren werden.

...loadingDr. Michael Naumann, Mitherausgeber und Chefredakteur der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit", arbeitete vor seiner Ernennung zum Staatsminister für Kultur im Jahr 1998 13 Jahre im Verlagsbereich des Holtzbrinck-Konzerns, zunächst als Leiter des Rowohlt Verlags, ab 1994 als Geschäftsführer von Metropolitan/Henry Holt in New York

Dr. Arnulf Conradi gründete nach seinem Ausscheiden als Programmgeschäftsführer der Fischer Verlage 1994 den Berlin Verlag, den er seither leitet. Seit der Übernahme des Berlin Verlags durch Bertelsmann im Juli 1998 hat Conradi in Personalunion auch die Führung des Siedler Verlags übernommen

...loadingGünter Berg, Verlagsleiter und Geschäftsführer des Suhrkamp Verlags (Frankfurt/Main). Berg trat 1990 als Lektor in den Suhrkamp Verlag ein, 1996 übernahm er die Leitung der Bereiche Taschenbuch und Marketing


...loadingAntje Kunstmann gründete 1976 in München zusammen mit Peter Weismann den Weismann Verlag Frauenbuchverlag, der seit 1990 als Antje Kunstmann Verlag firmiert




Moderation:
Denis Scheck
, Kritiker und Literaturredakteur beim "Büchermarkt" des Deutschlandfunk (Köln)





Kontrovers: Über das Geschäft mit Büchern sprachen (von links) Günter Berg, Michael Naumann, Moderator Denis
Scheck, Antje Kunstmann, Peter Olson und Arnulf Conradi
(Foto: Gaby Waldek)



Pressestimmen:


Die Veränderung der Verlagslandschaft durch die Globalisierung der ohnehin schon bestehenden Konzentration des Marktes ist ein für die Branche „hartes“ Thema. Peter Olson persönlich nimmt an der heutigen Podiumsdiskussion zum Thema „New Book Economy - Über die Zukunft der Bücher“ teil. In wenigen Tagen wird Olson, seit 1988 im Bertelsmann-Management, als erster Nicht-Deutscher in den Vorstand der Bertelsmann-AG aufrücken und die verantwortung übernehmen für die weltweit agierenden Buchverlage der Gruppe, die künftig unter dem Label Random House firmieren. Somit ist Olson selbst die Verkörperung jener unheimlichen Entwicklung des Buchmarktes, über die er mit Michael Naumann (Die Zeit, also Holzbrinck), Arnulf Conradi (Berlin und Siedler Verlag, noch Bertelsmann, dann Random House), mit Günter Berg (Suhrkamp) und mit der Verlegerin Antje Kunstmann diskutieren möchte. Ob dabei offen gesprochen werden kann, ist allerdings die Frage.
Ina Hartwig, Frankfurter Rundschau, 22. 3. 2001


Das gehört zum Reiz von Buchmessen: Sie drängen Personen und Diskussionen zusammen, und so kann es kommen, dass Veranstaltungen sich trefflich wechselseitig kommentieren - auch wenn das gar nicht geplant war. Am Donnerstag etwa konnte man an der Leipziger Frühjahrsmesse erst erleben, wie Peter Olson, der neue, in New York residierende Chef der künftig als Random House firmierenden Bertelsmann-Buch-AG, im Disput mit Kritikern das Ziel einer Umsatzrendite von zehn Prozent verteidigte. Nur wenig später erhielt der kleine Merve-Verlag den erstmals vergebenen Kurt-Wolff-Preis. Da sah man wieder einmal die Fronten: dort der grösste Buchkonzern der Welt, für den Peter Olson die Parole ausgegeben hat, er solle durch den Zukauf anderer Verlage in Deutschland weiterwachsen; hier die kleinen und mittelständischen Häuser, die gern konzernunabhängig bleiben möchten.
Joachim Günther, Neue Zürcher Zeitung, 24. 3. 2001


Donnerstag, 22. März, 14.00 Uhr. Im nahe gelegenen Kongreßzentrum streiten auf einem hochkarätig besetzten Podium Ex-Kulturstaatsminister Michael Naumann, Vertreter des Bertelsmann-Konzerns und Verleger unabhängiger Häuser (Suhrkamp, Kunstmann) über die New Book Economy. Es geht um einen neuen Berliner Taschenbuchverlag, der im Herbst in den übervollen Markt starten soll und den eigentlich keiner braucht, um unrealistische Renditevorgaben der Konzerne für ihre angeschlossenen Verlagshäuser von über 10 Prozent und um die Rolle des Verlegers in einer hart durchkalkulierten Welt. Ich gehe nach zwei Stunden aus dieser Selbstverständigungsrunde mit dem beruhigenden Gefühl hinaus, in einem Sechs-Personen-Unternehmen mit lediglich 30 Titeln im Jahr ganz gut aufgehoben zu sein, da mir niemand für fremde Renditegelüste einen spitzen Bleistift in den Rücken rammt.
Christoph Links, FAZ (Berliner Seiten), 26. 3. 2001


Wer in Leipzig durch die Hallen schlendert, kann sich leicht der Täuschung hingeben, daß Mikro- und Makrokosmos einander wirklich entsprächen und es in der Buchbranche beschaulich zugeht. Hier bedarf es keiner komplizieren verabredungen, man könnte sogar auf Mobiltelefone und terminkalender verzichten, weil man ohnehin stets allen Bekannten immer wieder über den Weg läuft. Den in Frankfurt allgegenwärtigen Schreckgespenstern namens Konzentrationsprozeß, Globalisierung oder Medienkonzern begegnet man dagegen nicht an jeder Ecke. Dieser Schein trügt natürlich. Einige Tage vor Messebeginn hatte der neue Bertelsmann-Buchvorstand Peter Olson Kaufabsichten in den Bereichen Ratgeber, Kinder- und Jugendbuch sowie Hardcover angekündigt und zugleich die (bislang weit unterschrittene) Marke von zehn Prozent Umsatzrendite für alle Buchbereich des künftig als „Verlagsgruppe Random House“ firmierenden Buchbereichs ausgegeben. In einem Podiumsgespräch mit Günter Berg, Arnulf Conradi, Michael Naumann und Antje Kunstmann schlug er moderatere Töne an und bezog die Rentabilitätssteigerungen vor allem auf Einsparmöglichkeiten bei den Distributionskosten. Dabei beklagte Naumann im apokalyptischen Ton jene in Leipzig leicht zu verdrängende neue Unüberschtlichkeit und kritisierte Conradi für das Vorhaben von Berlin/Siedler, im Herbst den übersättigten Markt mit einer weiteren Taschenbuchreihe zu bestücken. (...)
Nichts ordnet die Regale so klar wie der Maßstab der Rentabilität. Als während der Podiumsdiskussion der als Moderator allgegenwärtige Denis Scheck listig fragte, was sich für die Literatur eigentlich ändern würde, wenn Gütersloh vom Erdboden verschluckt würde, lachte Olson nur und sagte: „Wenn Gütersloh verschluckt wird, ändert sich gar nichts.“ dazu muß man wissen, daß Olson in New York residiert. Er weiß mit Brecht, daß die Wirklichkeit in die Funktionale gerutscht ist und ein Weltkonzern gar kein Zentrum hat. Wäre Olson nicht so ein distinguierter Herr, der sich nicht auf das polemische Niveau seiner Kritiker herabbegibt, hätte er zurückfragen können, was denn die deutsche Literatur verlöre, wenn die Leipziger Messe verschwände.
Richard Kämmerlings, FAZ, 26. 3. 2001


Die Kassen müssen klingeln: Peter Olson, Chef der Verlagsgruppe Random House und als erster Amerikaner Vorstandsmitglied der Bertelsmann AG, hat die Latte hoch aufgelegt: Eine Mindestrendite von zehn Prozent sollen die Buchverlage des Unternehmens künftig weltweit erwirtschaften. „Ist das die New Book Economy?“, wollten Verleger im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Bücher.Macher“ auf der Leipziger Buchmesse wissen. „Durchaus“, betonte Olson während der Podiumsdiskussion. Verlegerin Antje Kunstmann zweifelte angesichts der Umsatzzahlen deutscher Verlage an der Machbarkeit. Renditen von vier bis fünf Prozent seien aus Erfahrung realistisch. Was Olson nicht iritierte. Schaffen will er den Kraftakt mit gleichzeitiger Straffung der Strukturen und Steigerung der Effizienz - ohne Programmlinien zu beschneiden.
Michael Naumann, ehemaliger Henry-Holt-Verleger und Kulturstaatsminister, jetzt Mitherausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“, skizzierte ein düsteres Bild der Branche. „Zu viele Bücher erleben ein unnötiges zweites Leben im Taschenbuch“, konstatierte Naumann. Das Sortiment beklage die unüberschaubare Titelflut. „60 bis 80 Prozent des Taschenbuch-Geschäfts wird mit Bestsellern gemacht, der Rest ist triste Tapete“, urteilte Naumann. Arnulf Conrady, mit dem Berlin Verlag gerade in der Startphase zum eigenen Taschenbuch-Programm, widersprach vehement. „Ambitionierte Taschenbuch-Programme haben auch künftig ihre Berechtigung.“ Rückendeckung erhielt Conradi von Suhrkamp-Geschäftsführer Günther Berg: Ein Verlag müsse die gesamte Verwertungskette abdecken, um wirtschaftlich zu überleben.
Buchreport, 28. 3. 2001