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bücher.macher - Unterwegs in der deutschen Verlagslandschaft
#4
Round table: Die Buchmacher - Der Neue Markt der Literatur
Mit Wolfgang Ferchl (Programmchef Eichborn Verlag, Frankfurt/Main),
Uwe Heldt (Literaturagent, Mohrbooks, Berlin), Elmar Krekeler (Literaturkritiker,
Die Welt, Berlin) und Georg M. Oswald (Autor, München)
Lesung: Georg M. Oswald: "Alles was zählt" (Hanser)
Moderation: Martin Bauer (Herausgeber "Neue Rundschau", Berlin)
Schallplattenunterhaltung: DJ Francis (Leipzig)
Illumination: Shining (Berlin)
Buchverkauf: Connewitzer Verlagsbuchhandlung
Vom Guten, Schönen, Baren: Der Neue Markt der Literatur
FAZ, 12. 7. 2000
Literatur und Geld? Vom Doppelcharakter der ganz besonderen ´Ware
Buch´, vom Spagat zwischen Kunst und Kommerz wurde im Land der
Dichter und Denker nicht allzugern gesprochen. Das hat sich gründlich
geändert: Kaum ein Tag ohne Nachrichten aus der Welt der "Buchmacher".
Es sind zumeist schlechte, und es geht - nicht immer, aber immer öfter
- auch um Geld. Von der Krise einer ganzen Branche ist da zu lesen,
von Überproduktion, Verdrängungswettbewerb und Umsatzrendite,
von Holtzbrinck, McKinsey und der "Ausweitung der Finanzzone"
(FAZ). Unstrittig, daß sich mit Literatur auch glänzende
Geschäfte machen lassen - das gilt für "Harry Potter"
ebenso wie für manche der "Enkel von Grass & Co.". Mit
einem offensichtlich boomenden Neuen Markt der deutschen Literatur begannen
auch die bislang eher diskret im Hintergrund agierenden Literaturagenturen
ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Mit dem Börsengang
des Frankfurter Eichborn Verlags ist in der Geschichte der deutschen
Buchverlage ein ganz neues Kapitel aufgeschlagen worden. Offensichtlich
spielt das liebe Geld im Literaturbetrieb eine größere Rolle
als je zuvor. Wird der Erfolg künftig am Verkauf der Bücher,
der Reaktion der Kritik - oder der Performance der jeweiligen Aktie
gemessen werden? Bleibt vom Geschäft mit der Literatur am Ende
nur das Geschäft übrig? Zündstoff genug für eine
am Neuen Markt der Literatur in höchst unterschiedlichen Rollen
erprobte Runde. Zum Auftakt der bücher.macher-Nacht diskutiert
Martin Bauer mit Wolfgang Ferchl, Uwe Heldt, Elmar Krekeler und Georg
M. Oswald.
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"Blondinenwitze" (Bauer / Ferchl / Heldt
/ Oswald) ca. 12 min. (Real Audio) |
Auch mit dem literarischen Part des Abends bleiben
wir beim Thema: "Alles was zählt" ist - natürlich
- das Geld. Alles, was zählt, ist natürlich viel mehr als
Geld: Erfolg, Status, Einfluß, Macht, Freundschaft, Liebe - eben
alles, was man mit Geld bezahlen kann. In seinem neuen Roman "Alles
was zählt"zeichnet Georg M. Oswald ein süffisantes,
scharf pointiertes Porträt unserer schönen, neuen Business-Welt.
Für Oswalds Schriftstellerkollegen Helmut Krausser ist "Alles
was zählt" "einer der bislang besten Romane des jungen
Jahrtausends". Zur Frankfurter Buchmesse ist Georg M. Oswald für
"Alles was zählt" mit dem International Prize ausgezeichnet
worden, der jährlich von fünf renommierten europäischen
Verlagen vergeben wird.
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"Alles was zählt" (Heldt / Oswald)
ca. 3´12 min. (Real Audio) |
"Jeden
Tag gehe ich ins Büro. Das behaupten Sie wahrscheinlich auch von
sich, falls Sie einen Job haben, aber bei mir trifft es zu, denn ich
bin auch samstags und wenn es sein muß sonntags da. Ich bin stellvertretender
Leiter der Abteilung Abwicklung und Verwertung, und ich habe vor, Leiter
der Abteilung Abwicklung und Verwertung zu werden. Das würde bedeuten:
hundertzwanzigtausend Fixgehalt plus Tantieme plus Dienstwagen (BMW
der 3er-Klasse). Und das wäre gut. "
Dr.
Wolfgang Ferchl, 1955 geboren in Lindau/Bodensee, studierte Literatur,
Philosophie und Geschichte in Konstanz. Er promovierte mit einer Arbeit
über den Roman nach 1945. Nach Stationen beim Universitäts
Verlag (Konstanz), E.J. Brill (Köln), Hitzeroth Druck + Medien
(Karlsruhe) und Rotbuch/EVA (Hamburg) kam Ferchl 1997 zum Eichborn
Verlag nach Frankfurt. In der Geschäftsleitung ist er verantwortlich
für die Bereiche programm, Öffentlichkeit und Presse.
Dr.
Uwe Heldt (52), aufgewachsen in Stuttgart, Studium der Germanistik,
Philosophie und Rhetorik in Tübingen, Dissertation über die
Idylle bei Wilhelm Raabe. Von 1980 bis 1984 im belletristischen Lektorat
bei Klett-Kotta, von 1985 bis 1996 Lektor für deutschsprachige
Literatur im Piper Verlag. Bis Ende 1999 Cheflektor der Hardcoververlage
Ullstein, Propyläen und Quadriga. Herausgeber der Literaturzeitschrift
"Litfaß". Seit April 2000 Leiter der deutschen Niederlassung
der Zürcher Literaturagentur Mohrbooks AG in Berlin
Elmar
Krekeler (37) hat 1989 als Musikredakteur bei der "Welt"
angefangen. Der Musikwissenschaftler wurde später Buchredakteur
in der "Geistigen Welt" und war anschließend als Redakteur
wesentlich an der Etablierung der "Literarischen Welt" beteiligt.
Seit kurzem ist er Ressortleiter der "Literarischen Welt".
Die Wochenendbeilage wurde 1998 wiederbelebt. Ihr Begründer Willy
Haas (1891-1973) hatte damit in den zwanziger Jahren Furore gemacht;
1933 beendeten die Nazis das Projekt.
Georg
M. Oswald, geboren 1963 in München, lebt dort als Schriftsteller
und Jurist. Von ihm erschienen bisher: "Das Loch. Neun Romane aus
der Nachbarschaft" (1995), "Lichtenbergs Fall" (Roman,
1997) und "Party Boy. Eine Karriere" (1998). Für "Alles
was zählt" ist Oswald soeben mit dem International Prize ausgezeichnet
worden, der jährlich von fünf renommierten europäischen
Verlagen vergeben wird.
Martin
Bauer, langjähriger Cheflektor Taschenbuch im S. Fischer Verlag,
ist Herausgeber der im S. Fischer Verlag erscheinenden "Neuen Rundschau"
Dank an: Andruckwerkstatt, Angela Anger, Martin Bauer, Miriam
Bosse, DJ Francis, Groothuis & Consorten, Druckerei Hensel, Katharina
Horst, Naturton, Tom Kraushaar, Kreuzer, Hanna Kronberg, Jirka Pfahl,
Shining,Tamás Szakál (contour.net)
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